Einladung
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für Montag, den 22. September 2008,
um 19.00 Uhr, in der Seidlvilla,
Nikolaiplatz 1b, München-Schwabing
(Kontakt 08024-1453)

Prof. Dr. Natascha Würzbach:
»Friedrich Würzbach.
Nietzscheforscher und Präsident der Nietzsche-Gesellschaft,
Schriftsteller und Naziverfolgter in München«

Dr. Friedrich Würzbach (1886 – 1961) gründete 1919 in München die Nietzsche-Gesellschaft, die 1943 von der Gestapo unter Vernichtung sämtlichen Archivmaterials aufgelöst und 1956 von ihm wiederbelebt wurde. In ihrer Nachfolge pflegt das heutige Nietzsche-Forum München ihr geistiges Erbe. Friedrich Würzbachs forscherische, editorische, schriftstellerische und journalistische Tätigkeit bewegte sich während der Naziherrschaft wie bei vielen Kulturschaffenden der Zeit in einem Spannungsfeld von erzwungener Anpassung und subversivem Widerstand. Er setzte dabei seine Arbeit, seine Gesundheit, sein Leben und seine Familie aufs Spiel. Mit verzweifelter Ausdauer und literarischer Phantasie kämpfte er (vergeblich) um seinen Ariernachweis und die Wiederaufnahme in die Reichsschrifttumskammer. 1940 verlor er seine Stellung als Abteilungsleiter am Reichssender München. Unter Berufs- und Publikationsverbot, blieb er zu Hause und widmete sich der Erziehung seiner Tochter Natascha und schrieb heimlich zu Hause, während seine Frau Dolly als Tänzerin bei der Truppenbetreuung durch KdF den Lebensunterhalt verdiente und die Familie durch ihren „kriegswichtigen“ Einsatz vor dem Zugriff der Nazis schützte.

Natascha Würzbach stellt dies in ihrem autobiographischen Roman „Das Grüne Sofa“ (dtv 2007) aus der Sicht des Kindes dar und liefert einen Eindruck von der privaten Persönlichkeit des Nietzsche-Forschers Friedrich Würzbach und der Vermittlung seiner Wertvorstellungen an seine kleine Tochter. Ergänzt wird der Erlebnisbericht durch Ergebnisse neuester Recherchen und Archivmaterials. In flehenden Bittbriefen an den Leiter der Reichschriftstumskammer Hanns Johst sowie an die Behörden bemühte sich Würzbach vergeblich um Schutz und Anerkennung. Der Schriftwechsel mit dem damaligen Rundfunkintendanten Habersbrunner zeigt, daß man Würzbach nur ungern gehen ließ. Aussagen von Zeitzeugen dokumentieren Würzbachs Bemühen, eine deutsche Geistestradition fern der herrschenden Naziideologie mit subversiven Strategien am Leben zu erhalten.
Die Lesung aus dem autobiographischen Roman von Natascha Würzbach sowie aus Zeit-dokumenten lässt das Bild des Begründers der Nietzschegesellschaft in verschiedenen Facetten innerhalb einer kulturfeindlichen und das Leben einzelner bedrohenden Umwelt noch einmal er-stehen und liefert damit einen Beitrag zur Zeitgeschichte wie auch zur Kulturgeschichte Münchens.
Einführung und Moderation: Albert von Schirnding

Unkostenbeitrag € 8.--/6.—

Mit freundlicher Unterstützung durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München